An dem diesjährigen Frauenschultag, dem Fest des 25 jährigen Bestehens unserer Schule, kann ich leider nicht unter Euch sein. So schicke ich Euch meine herzlichsten Grüsse, verbunden mit den besten Wünschen für Euer Zusammensein, für Euer Ergehen, Vorhaben und Tun, daheim oder wo Ihr sonst in treuem Schaffen tätig seid.
Sicher erfüllt Euch, wie auch an vergangenen Frauenschultagen, die Freude des Wiedersehens mit Euren Kursleuten, mit der Schulheimat, mit den Lehrerinnen und Lehrern und was Euch sonst lieb und wert in Kupferzell war. Bewegten Herzens werdet Ihr Euch von dem erzählen, was der Krieg und sein Ende Euch gebracht hat, sorgend werden die Fragen um das Zukünftige vor Euch liegen, besonders wenn Ihr ein randvolles Tagwerk auf Euren Höfen habt oder als Mitschaffende dort um das tägliche Brot ringt.
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Von Herzen wünsche ich Euch täglich die Kraft und den frohen Mut für Euer Tagwerk. Wenn Ihr Eure Lieben noch im fremden Land in Gefangenschaft wisst, lasst trotz Arbeit und Müdigkeit keinen Tag ohne die starken Gedanken an ihre baldige Heimkehr vergehen. - Erzieht Eure Kinder zur Arbeit für das tägliche Brot und erhaltet sie dem Hofe, dann habt Ihr die rechten Hilfen und im Alter Trost und Freude. - Lasst den Segen Eurer Aecker und Höfe Euch zum Segen werden; lasst ihn nicht verbotene Wege gehen, denkt an die Kinder, Frauen und Männer, die nicht ernten können und Hunger und Not leiden. - Lasst ob der Arbeit und der Sinnlosigkeit vieler Dinge dieser furchtbaren Zeit die Unlust nicht Herr werden, sucht immer mehr durch eine starke Verbundenheit untereinander den rechten Weg zu gehen. Dann wird diese Notzeit auch eine Segenszeit für Euch sein.
Brief vom 06.07.1947 - zur besseren Lesbarkeit abgeschrieben